Wann kommt denn Euer nächster Blog-Artikel? Diese Frage haben wir in den letzten Tagen ein paar Mal gehört. Denn es war ruhig hier auf unserer Website. Nicht etwa, weil wir nichts erlebt haben. Ganz im Gegenteil – es ist viel passiert. Wir haben schlichtweg nicht die Zeit gefunden, das Erlebte hier zu dokumentieren.
Also nehmen wir Euch heute mit und reisen gedanklich ein paar Wochen zurück. Es ist Herbst 2022 und wir haben gerade die Grenze von Nord-Mazedonien nach Albanien überquert. Ein unkomplizierter Grenzübertritt. Pässe, Fahrzeugpapiere und ein Lächeln von der jungen albanischen Grenzbeamtin. Welcome to Albania!
So einfach und pragmatisch, aber vor allem herzlich werden wir Albanien in den kommenden Tagen immer wieder erleben. Mit unserem Fahrzeug fallen wir auf. Nicht nur, weil wir anders aussehen als ein „normales“ Auto, sondern auch, weil wir eines der wenigen Fahrzeuge sind, die überhaupt auf den Straßen unterwegs sind. Der Liter Benzin kostet stolze 2 Euro. Für die Einheimischen, mit denen wir ins Gespräch kommen ist das nicht nur teuer, sondern oftmals unbezahlbar. So ist es gespenstisch ruhig auf Albaniens Straßen.
Wir fahren staufrei, ganz entspannt und natürlich so spritsparend wie möglich durch das Land und entdecken viele sehenswerte Orte. Die Vielfalt an touristischen Sehenswürdigkeiten, aber auch einsamen Stellplätzen in der Natur ist riesig.
Entlang unserer Route begegnen wir kaum anderen Reisenden. Umso herzlicher werden wir daher von den Einheimischen empfangen. Ausnahmslos alle freuen sich uns zu begegnen und geben uns stolz ein Stück albanische Kultur mit auf den Weg. In einer kleinen Bäckerei am Wegesrand bekommen wir zum Beispiel einen warmen Fladen geschenkt. Was genau wir essen, finden wir erst später am Tag mit Hilfe von Google heraus. Die alte Dame in der Bäckerei sprach – wie viele andere Menschen, denen wir begegnen, kein Englisch.
Für Jan ist es mal wieder an der Zeit, seine Haare schneiden zu lassen. Der junge Frisör gibt sich alle Mühe und so „trohnt“ Jan über eine Stunde auf dessen Stuhl. Es gibt Kaffee, ein nettes Gespräch und einen Tipp für unser anschließendes Mittagessen.
Wir folgen der Empfehlung des Frisörs und kehren in einer kleinen Seitengasse in einem Restaurant ein. Die Speisekarte können wir nicht lesen, Englisch spricht der Besitzer auch nicht. So bestellen wir einfach das, was wir auf dem Nachbartisch sehen. Mit einem breiten Grinsen tischt uns der Restaurantbesitzer daraufhin ordentlich auf. Alles duftet nicht nur herrlich, sondern schmeckt auch genau so. Am Ende zahlen wir für zwei Essen keine 4 Euro und rollen uns kugelrund aus der kleinen Seitengasse zurück zu unserem Fahrzeug.
In Albanien haben wir keine Probleme mit unserem Fahrzeug wild zu stehen. Wir schlagen spontan unser Camp in den Bergen, am Meer oder an einer kleinen Lagune auf. Die Auswahl an freien Stellplätzen, die wir mit unserem Fahrzeug erreichen können, ist riesig.
In besonderer Erinnerung bleibt uns der Besuch eines kleinen Konvents irgendwo im albanischen Nirgendwo. Eine Hand voll italienischer Nonnen führt hier ein katholisches Kloster, bei dem wir zufällig stranden und in dessen Klostergarten wir übernachten dürfen. Die Nonnen halten uns gleich für Italiener (wie übrigens viele Menschen, denen wir begegnen) und sind fast enttäuscht, als wir ihnen nicht in fließendem Italienisch antworten können. Für ein freundliches „Guten-Morgen“ oder „ja – wir haben ganz prima geschlafen“ reichen unsere italienisch Kenntnisse aber aus. Jan gelingt es sogar sich einige Minuten (offensichtlich auf italienisch!) mit einer der Nonnen zu unterhalten. Man bespricht, dass wir eine Dusche benutzen dürfen, den Klosterhund auf einen Spaziergang mitnehmen sollen und noch vieles mehr. Mir ist weiterhin schleierhaft, wo Jan so gut italienisch gelernt hat. Fakt ist, dass die Nonnen uns seit diesem Zeitpunkt noch tiefer in ihre Herzen geschlossen haben und uns gar nicht mehr fahren lassen wollen.
Der Besuch des Klosters ist ein würdiger und ganz spezieller Abschluss unserer Reise durch das Land auf der Balkan-Halbinsel. Aus Albanien nehmen wir nicht nur viele besondere Begegnungen, sondern auch beeindruckende Momente in der wilden Natur mit auf die Weiterreise. Und wir sind uns sicher, wenn wir können, kommen wir wieder. Es gibt noch so viel zu entdecken hier.
Und plötzlich sind wir in der Republik Kosovo. Einem Land, das wir eigentlich gar nicht auf unserer Reiseroute stehen hatten. Um es vorweg zu nehmen: wie hätten wir uns geärgert, wenn wir diese Chance vertan hätten!
Die Einreise von Albanien in den Kosovo verläuft reibungslos. Der albanische Grenzbeamte lässt uns nicht nur aus Albanien aus-, sondern in einem Prozess auch gleich in den Kosovo einreisen. Hier gibt es keine zwei Grenzstation, die durch eine neutrale Zone voneinander getrennt sind. Abgefertigt werden wir an nur einer Station und übrigens in fließendem Deutsch. Für unser Fahrzeug mit deutscher Zulassung müssen wir an der Grenze noch eine Grenzpolice erwerben. Im Kosovo ist unser Fahrzeug über unsere internationale Versicherungskarte nicht versichert. Wir planen knapp eine Woche durch den Kosovo zu reisen und kommen so mit dem 10-tägigen Versicherungspaket für sage und schreibe 10 Euro aus. Versuchen, zu verstehen, was genau versichert ist und was nicht, ist müßig. Es gibt für ausländische Fahrzeuge an der Grenze genau eine Versicherung.
Frisch versichert sind wir also nun im Kosovo. Und der scheint – so zumindest unser erster Eindruck – aus Tankstellen, Tankstellen und Tankstellen zu bestehen, zwischen die sich ab und an ein Baustoffhandel mischt. Wir müssen zugeben, ein wirkliches Bild vom Kosovo hatten wir nicht in unseren Köpfen, aber das es so viele Tankstellen hier gibt … das hätten wir nicht erwartet.
Das der Kosovo auch anders kann, sehen wir in der ersten größeren Stadt, in der wir uns auf die Suche nach einer SIM Karte begeben. Weg ist die Tankstellenromantik und wir fühlen uns fast wie im Orient. Über 95 Prozent der Bevölkerung hier sind Muslime.
Unsere deutschen Handys funktionieren im Kosovo nicht. Für Navigation und Routenplanung, sowie unsere mobile Arbeit benötigen wir täglich eine nicht unbeträchtliche Menge an Daten. Jan irrt eine ganze Weile durch die orientalische Oase, bis er schließlich eine SIM Karte für uns gefunden hat. Die Auswahl an Anbietern, bei denen ein Ausländer eine SIM Karte kaufen kann, ist hier zum ersten Mal auf unserer Reise überschaubar.
In den kommenden Tagen überrascht uns der Kosovo jeden Tag aufs Neue. Hättet Ihr eine Tropfsteinhöhle erwartet? Wir staunen nicht schlecht, als wir im kühlen und feuchten Dunkel der Höhle verschwinden. Aus Mangel an anderen Touristen ganz alleine.
Die Hauptstadt des Kosovos, Pristina, erleben wir als pulsierende und moderne Metropole. Bunt ist das Treiben in der Stadt genauso wie das NEWBORN Denkmal. Errichtet 2008, bei der Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovos. Die lebensgroßen Buchstaben werden nämlich regelmäßig neu bemalt. Solltet Ihr also einmal im Kosovo sein, sieht das Denkmal vermutlich ganz anders aus.
Unser persönliches Highlight ist der Besuch eines Bären-Reservats. Im „Pristina Bear Sanctuary“ leben mehr als 20 Bären (und ein Löwe) ein artgerechtes Leben. Was so glücklich klingt, hat einen traurigen Hintergrund. Alle Bären haben lange Jahre in Gefangenschaft unter unwürdigen Bedingungen verbracht. Bis zum Jahr 2010 war es im Kosovo erlaubt, Bären privat – also außerhalb ihres natürlichen Lebensraums zu halten. So war es üblich, dass Bären als Attraktion in Käfigen vor Restaurants gehalten wurden. Dank dem Engagement verschiedener Parteien konnten die Bären befreit werden. Sie leben nun im weitläufigen Bären-Reservat. Das Reservat beherbergt auch drei Bären aus dem Nachbarland Albanien. Wie im Kosovo gab es auch hier die traurige Praxis der so genannten „Restaurant-Bären“. Nachdem wir im wilden Rumänien keinem einzigen Bären begegnet sind, verbringen wir also jetzt im Kosovo einen ganzen Tag mit ihnen. So bin ich endlich im „7. Bären Himmel“!
Für Übernachtungen geben wir während unserer Zeit im Kosovo keinen einzigen Euro aus. (Ja, der Euro ist die Währung im Kosovo). Wir übernachten bei einer Familie, die lange in Deutschland gelebt hat, nun zurück im Kosovo ist und dort ein Restaurant betreibt. Ehrensache, dass wir auf dem Grundstück umsonst stehen dürfen.
Wir werden nicht nur fürstlich bekocht, sondern verbringen auch viele gemeinsame Stunden mit der Familie und dem Team des Restaurants am wärmenden Kamin. Gebannt lauschen wir ihren Berichten und Erzählungen über Ereignisse, die wir sonst nur aus den Medien kennen. Was für ein Geschenk!
Wir genießen den persönlichen und familiären Anschluss sehr und ziehen mit vielen unerwarteten Eindrücken im Gepäck weiter. Wenn wir den Kosovo in einem Wort beschreiben müssten, dann wäre es: „Wundertüte“! Eben einfach überraschend anders, als gedacht.
Greta // 19. Februar 2023 // an einem der vielen Strände der Peloponnes
Dem kann ich mich nur anschließen. Tolle Bilder. Macht Laune euch nicht nur auf dem Blog zu folgen sondern tatsächlich noch einmal den Balkan zu erkunden. Liebe Grüße an die Reisenden Christian
Wow, das ist mal wieder ein toller Bericht. Vielen Dank euch hierfür und herzliche Grüße Regine